Zeit

Über die Zeit

(aus dem Buch ZE!Timpulse … durch das Jahr! Martin Lammerhuber, Kral Verlag)


IN-ZEIT STATT AUS-ZEIT

Wenn es manchen Menschen zu viel ist, wenn es nicht mehr geht, man nicht mehr alles tun will … dann hört man oft den Wunsch nach einer Auszeit. Ich brauch Abstand und möchte endlich eine Auszeit, sagen die Zeithilfesuchenden.

Auszeit als Synonym für längst fällig oder überbeansprucht. Alles ausfüllen, draufgeben, bis letztendlich nichts mehr durchgeht. Die Zeitverstopfung bringt das Zeitgefühl zum Überlaufen und die scheinbare Auszeit ist der ferne Rettungsanker. Wunsch nach Auszeit, wenn es nicht mehr passt, und die Hoffnung, dass es dann anders wird.

Wer schafft es wirklich, sich eine längere Auszeit zu nehmen?! Job, Macht oder Akzeptanzverlust sind die Bremser. Es ist auch nicht schick, sich eine Auszeit zu nehmen, denn noch immer wird das Zugeben einer Über-forderung als Schwäche gesehen. „Dem/der ist es zu viel geworden.“

Kleine Auszeiten bewirken schon Wunder, aber letztendlich geht es um die Zeit in der Zeit. Lieber in der Zeit statt außer-halb der Zeit. In einer beruflich herausfordernden Zeit Zeit für mich. Projekte und Vorhaben innerlich ruhiger angehen, nicht immer alles allen beweisen müssen, sondern den Mut und die Konsequenz haben, ruhig und besonnen sich in der Zeit zu bewegen.

Sich eine ruhige Zeit schaffen, die „Tut-mir-gut-Zeit“ und nicht „Mir-wird-alles-zu-viel-Zeit“! In der Zeit das tun, was einen nicht aussteigen lässt.

Foto: Franz Baldauf

ZEIT-BALANCE STATT ZEIT-BALANCEAKT

Das Bewusstmachen der Eigenzeit ist der Schlüssel für mehr Zeit. Wer sich mitten im Leben befindet, kann nicht wie ein Aussteiger agieren, aber auch nicht permanent funktionieren oder für andere auf Stand-by sein.

Das Zusammenleben und Arbeiten in Beruf, Haushalt, Familie, Bekanntenkreis, Nachbarschaft, Vereinen … hat seine Freuden, Herausforderungen und Regeln.

Immer für die anderen da sein oder es als solches zu empfinden, kann auf Dauer Substanz kosten. Ein Balanceakt auf einem dünnen Seil, der die richtige Balance erfordert.
Aus dem Seil kann leicht ein gummiartiger, strapazierter Geduldsfaden werden, an dem man alle ziehen lässt.

Was tue ich für die anderen und was tue ich für mich?, ist die Frage, die man sich immer wieder stellen muss. Neben dem persönlichen Austarieren ist ein klares Deklarieren für den eigenen Zeitfreiraum sehr wichtig, um nicht Gefahr zu laufen, allen anderen alles zu erfüllen und selbst in der Zeitleere zu landen. Seinen persönlichen Zeit-Egoismus zu leben, muss aber gelernt sein.

Ich bin für andere da, aber auch meine Zeit ist mir kostbar. Zeitrückzugsmöglichkeiten helfen dabei, den richtigen Abstand wieder zu sehen. Was tue ich gerne? Was möchte ich noch erlernen? Was macht mir Freude? Wo fühl ich mich ganz einfach wohl?

Die Lebenszeit von Zeit zu Zeit mit der richtigen Balance zwischenbilanzieren.


ZEIT RÄUMEN FÜRS ZEIT-TRÄUMEN

Noch heute kann ich das Gefühl von damals abrufen, als ich in der Schulzeit, wenn es eng wurde, ganz einfach das beschmierte, überfüllte Federpennal ausräumte, es säuberte und dann jeden Bleistift und Buntstift, schön nach meinen Farbwünschen geordnet, wieder reinsteckte.

Das Alte abwischen und sich am Neuen wieder erfreuen.
Kreativität wurde freier und das schwere Gefühl der Zeit wurde mit Leichtigkeit versehen.

Kennen Sie das nicht auch vom Ausräumen des Kleider-schranks, des Schreibtisches, des Arbeitszimmers, des Kellers? Ein schönes Erlebnis, wenn man den Altpapiercontainer angefüllt oder den Sperrmüll entsorgt hat, den Inhalt der Bürolade wieder sauber schlichtet, altes Gewand entsorgt oder Belege endlich einordnet. Man schiebt es lange auf, aber wenn man es gemacht hat, dann ist die Genusszeit und die Zeit der Muße auf einmal die doppelte Zeit.

Das Ausräumen von scheinbaren Verpflichtungen oder angesammeltem Zeitballast wirkt Wunder, lässt durchatmen.

Freiräume kann man sich schaffen und Neues kann wachsen. Wie schön wirken bei Bildern und Plakaten die freien Räume.

Der Weißraum weckt Fantasien, Träume, steigert das Wohlbefinden und es ist auf einmal Platz für Dinge, an die man schon lange nicht gedacht hat.


ZEITERINNERUNG STATT ZEITVERRINGERUNG

Wer kennt nicht die guten Vorsätze zum Jahreswechsel, und wer hat nicht selbst auch schon die Erfahrung gemacht, dass man nach geraumer Zeit dann eigentlich oft nicht mehr weiß, was man sich vorgenommen hat?

Mehr Zeit für sich selber zu nehmen, bedarf keines Jahres-wechsels, noch dazu, wo es nichts Unverbindlicheres als einen Neujahrsvorsatz gibt. Diese lange Zeitspanne ist die beste Einladung zum Vergessen oder Aufschieben, weil man „ja sowieso 365 Tage Zeit“ hat.

„Nächste Woche fang ich mit der Langsamkeit an“, wird laut Kalender oder Erinnerungsmail nicht funktionieren.
Legen Sie sich ein Symbol für die Zeit zu, das Sie möglichst oft an ihr Zeitvorhaben erinnern lässt. Suchen Sie damit verbunden einige schöne Zeitplätze, wo Sie die Zeit besonders spüren. Man kann das ganze Jahr mit seinen Zeitvorsätzen einsteigen, wenn Sie aus dem Vorsatz einen Hauptsatz machen: „Ich nehme mir jetzt ganz einfach Zeit.“

Mein Symbol ist ein roter Faden, den ich immer bei mir trage und der auch Sie durch dieses Buch begleitet. Wie oft scheitere ich an meinen Impulsen, aber durch den Zeitfaden werde ich erinnert. In vielen Situationen des Alltags.

Ein treuer Begleiter, seit ich meine Uhr abgelegt hab.
Urvertrauen statt Uhrvertrauen oder nehmen Sie sich ganz einfach Zeit für die Zeit!


KEINE ZEIT HABEN IST UNCOOL

Wer kennt sie nicht, die Menschen, die über viele Termine berichten oder mitteilen, dass sie jetzt kurz da sind, aber schon wieder weitersausen müssen.

Mit dem Allerwertesten auf mehreren Kirtagen sein und dabei die eigene Zeit vergessen.

Diese Menschen werden zunehmend mehr still bedauert als bewundert, obwohl sie glauben, dass sie mit ihrer Wichtig¬keit wichtig erscheinen. Sie wollen eine Belohnung für ihre Ruhelosigkeit und sind aber Zeitzeugen für die persönlich selbst auferlegte Zeitarmut. Der Tag hat nicht 27 Stunden und der dehnbare Kalender wurde noch nicht erfunden.

Man ist auch nicht faul, wenn man weniger arbeitet, und man leistet auch nicht mehr, wenn man früher beginnt. Die Effizienz richtet sich nicht nach dem vollen Terminplan oder der Tageszeit. Die Menschen sind verschieden und die inneren Uhren ticken Gott sei Dank nicht gleich.

Höhepunkt der öffentlichen Zeitbekenntnisverweigerer ist die Urlaubszeit: „Warst du schon auf Urlaub? Nein, ist sich nicht ausgegangen. Nur tageweise!“

Ein Hoch jenen, die konsequent ihren Urlaub planen, ihre Erholungszeit genießen, auftanken und dabei so manches Alltagshandeln relativieren.
Zur Freizeit stehen ist cool und bringt kostbare Eigenzeit


Fotos: Erich Marschik